Liebe Genossinnen und Genossen, die Berichterstattung über die Einwohnerratssitzung vom 3. Mai 2021 hat bei euch möglicherweise Erstaunen ausgelöst. Bei mir ebenso, wenn auch wohl aus unterschiedlichen Gründen. Aber was ist passiert?
Der Werkhof in Binningen ist bekanntlich schon lange in einem schlechten Zustand; baulich und energetisch, aber insbesondere auch was die Arbeitsabläufe und die Sicherheit anbelangt. Nach der Ablehnung des gemeinsamen Projektes mit Bottmingen im Jahr 2011 machten sich Gemeinderat und Verwaltung daran, neue Lösungen zu suchen. Aufgrund von zwei Machbarkeitsstudien (2014 und 2018) sprach der Einwohnerrat im November 2019 einen Planungskredit von einer knappen Viertel Million Franken. Das Resultat dieses Planungskredites legte der Gemeinderat dem Einwohnerrat am 3. Mai 2021 in Form eines Vorprojekts Plus zur Beratung vor und beantragte einen Investitionskredit von 13.6 Millionen Franken. Vorgesehen ist der Werkhof an der Margarethenstrasse neben dem Friedhof. Dass dieser Standort nicht optimal ist, ist unbestritten. Aber selbst die Bau- und Planungskommission hat im Rahmen der Prüfung des Planungskredites festgestellt, dass es die beste aller möglichen Optionen ist.
Dass die Höhe des Kredites im Einwohnerrat zu Diskussionen Anlass geben würde, war zu erwarten. Dies umso mehr, als die gemäss Kostenvorschlag beim Planungskredit vorgesehenen 8.6 Millionen Franken (+/- 30%) um gut 2 Millionen Franken überschritten sind. Eine solche Situation ist natürlich überhaupt nicht erstrebenswert. Allerdings sind die Mehrkosten einerseits im Detail begründet. Andererseits würde die Diskussion der Vorlage in der einwohnerrätlichen Bau- und Planungskommission sicher zeigen, ob bzw. wo eine Kostenreduktion möglich ist, oder ob die Kosten allenfalls doch in Ordnung gehen.
Die bürgerlichen Parteien beantragten an der besagten Einwohnerratssitzung aber überraschend die Rückweisung des Geschäftes. Besonders Vertreter der FDP behaupteten, man habe starke Signale aus Bottmingen, dass nach wie vor ein Interesse an einem gemeinsamen Werkhof bestehe; der Gemeinderat solle deshalb zuerst die Abklärungen mit Bottmingen treffen. Die Behauptung widersprach zwar diametral den Aussagen, die ich aus dem Gemeinderat Bottmingen erhalten hatte. Aber bekanntlich ist es schwierig, haltlose Behauptungen zu widerlegen. Im Weiteren stellte man den Standort an der Margarethenstrasse wieder in Frage und verlangte eine nochmalige Prüfung des Standortes Birkenweg, und schliesslich erachtete man die veranschlagten Kosten als viel zu hoch.
Die Gefahr einer Rückweisung des Geschäftes war gross. Und eine Rückweisung – mit allfälligen Aufträgen zur Überarbeitung – hätte zu einer zeitlichen Verzögerung geführt, die wir uns schlicht „nicht leisten“ können. Das ganze Werkhofprojekt muss man nämlich in einem grösseren Kontext verstehen. Bekanntlich bauen der Kanton und die BLT beim Spiesshöfli das Tram auf Doppelspur aus. Das dort freiwerdende Areal soll städtebaulich entwickelt und aufgewertet werden. Für diese Entwicklung braucht es aber die Werkhofparzelle, weil die Erschliessung des Areals via Parkstrasse erfolgen soll. Wenn das Werkhofareal nicht in die Arealentwicklung miteinbezogen werden kann, kommt neben die Bahn eine 5 Meter breite Erschliessungsstrasse zu liegen; das restliche Areal bis zum Birsig ist zu schmal, um eine sinnvolle, städtebauliche Bebauung zu ermöglichen. Mit einer Erschliessung über die Werkhofparzelle gibt es dagegen nur einen 3 Meter breiten Erschliessungsweg, das Areal dahinter bleibt – zusammen mit der Werkhofparzelle – gross genug für eine tolle Arealentwicklung.
Der Doppelspurausbau ist für die Jahre 2022-2024 vorgesehen, ab 2025 die Bebauung des Spiesshöfli-Areals. Wenn also das Werkhofareal nicht spätestens Anfang 2025 frei wird – und damit das möglich ist, müsste der Einwohnerrat im Herbst 2021 den Kredit zuhanden der Volksabstimmung verabschieden –, sieht es für die Arealentwicklung schlecht aus. Vor diesem Hintergrund galt es, die Rückweisung des Geschäfts zu verhindern, was mit der etwas unorthodoxen Sistierung gelungen ist. Nun werden wir nochmals mit der Gemeinde Bottmingen zusammensitzen, um danach hoffentlich zügig vorwärts machen zu können.
Eines darf man nicht ausser Acht lassen, wenn man den Standort Margarethenstrasse in Frage stellt: Auch an einem anderen Standort – den es abgesehen davon derzeit eben nicht gibt – wohnen Menschen, und niemand bricht in Jubelschreie aus, wenn der Werkhof zum Nachbarn wird. Aber man muss dazu auch sagen, dass gegen 90% der Arbeiten des Werkhofs draussen auf den Gemeindestrassen und in den Anlagen stattfinden. Der Werkhof ist keine Quelle des Lärms. Wir haben in der Sache übrigens auch regelmässig Gespräche geführt mit Vertretern der Kirche. Auch sie schäumen nicht über vor Freude. Aber sie anerkennen die Notwendigkeit und die Alternativlosigkeit des Standortes. Ausserdem zeigen die Erfahrungen der Gemeinden Birsfelden und Sissach, wo die Werkhöfe seit Jahren neben den Friedhöfen liegen, dass das Nebeneinander funktioniert. Gegenseitige Rücksichtnahme und Absprache vorausgesetzt.
Ich hoffe, diese Ausführungen dienen der Klärung.
Caroline Rietschi, Gemeinderätin Geschäftsbereich Verkehr, Tiefbau, Umwelt