Mein Jahr als Einwohnerratspräsidentin endete am 30. Juni. Ich habe mich nicht besonders gefreut auf dieses Amt, wollte es eigentlich nicht. Doch dann hat es tatsächlich Spass gemacht. Nicht zuletzt, weil ich immer wieder von meinen Ratskolleg:innen zu hören bekam, dass sie mit meiner Arbeit vorne auf dem Podium sehr zufrieden waren. Die Gepflogenheit, als Präsidentin nicht zu den aktuellen Geschäften Stellung zu nehmen und sich auch sonst politisch zurückzuhalten, war allerdings schwierig.
Zuerst das Negative: Die a.o. Sitzung vom 28. April war kein Highlight für unser Parlament. Sie war ineffizient und generierte null Mehrwert. Es ging um eine sogenannte Medienmitteilung zur Abstimmung über den Birsigpark. Das Resultat habe ich als Präsidentin nur widerwillig unterschrieben.
Es geht nicht darum, dass ich mich als Minderheit der Mehrheit beugen musste, das ist in unserer Demokratie selbstverständlich. Es geht um den Inhalt und die Art und Weise, wie das Parlament von den Parkbefürwortern missbraucht wurde.
Ein Parlament ist keine Kollegialbehörde, wo sich die Minderheit stillschweigend der Mehrheit fügt. Dass ein Parlament eine Medienmitteilung herausgibt, ist an sich schon speziell. Wenn es sich dabei nicht um eine einstimmige Resolution handelt, muss der Inhalt neutral formuliert sein und der Minderheit adäquat Platz eingeräumt werden.
An der Bevölkerung vorbei politisiert
Das Gegenteil war hier der Fall: Der Text war reine Abstimmungspropaganda, die Sätze troffen vor Emotionalität. Der Minderheit, die immerhin aus einem Drittel des Rates bestand, wurden lediglich drei dürre kosmetische Pro-Forma-Sätze zugestanden.
Den Parkbefürworter:innen ging es also nur darum, sich vor der Abstimmung noch einmal maximale Öffentlichkeit zu verschaffen. Für ein Anliegen, das in dieser Öffentlichkeit allerdings wenig Rückhalt genoss, wie der Urnengang zeigte: Die Binninger:innen lehnten den Park mit einer grossen Mehrheit ab. Das unterstreicht, wie weit der Einwohnerrat in diesem Fall an den Einwohner:innen vorbei politisierte.

Damals musste ich aufs Maul sitzen. Jetzt freue ich mich, dass ich ab August wieder bei meiner Fraktion Platz nehmen, meinen Senf dazugeben und zu einer konstruktiven Debattenkultur beitragen kann.
Viele schöne Begegnungen
Nun zum Positiven: Einwohnerratssitzungen zu leiten, ist ein spannender Job. Die Ratsmitglieder begegneten mir über die Parteigrenzen hinweg mit Wohlwollen und Geduld. Nie lernt man so viel über den Parlamentsbetrieb wie als Präsidentin.
Die Geschäftsordnung wird zur ständigen Begleiterin. Daneben gibt es viel zu organisieren: Apero, Einwohnerratsausflug, Bewerbungsgespräche. Man muss sich zwar politisch zurückhalten, darf aber als höchste Binningerin eine 1.-Augustrede halten. Für mich eine ganz neue Erfahrung.
Das Schönste in diesem Amt sind aber die vielen Begegnungen an all den Veranstaltungen, welche die Gemeinde und ihre Institutionen, die Bürgergemeinde und die zahlreichen Vereine organisieren. Sie bieten wunderbare Gelegenheiten, am Geschehen in der Gemeinde teilzunehmen.
In drei Jahren, zu Beginn der nächsten Legislatur, sind wir von der SP wieder an der Reihe mit dem Präsidium. Ich kann es nur empfehlen und bin froh, dass ich es machen «musste».

Karin Müller, Co-Fraktionspräsidentin ER