Aus dem Einwohnerratspräsidium: Ein Jahr neuer Einwohnerrat – zwischen grün und finanzpolitischer Blockade

Es war ein spezielles Einwohnerratsjahr. Nur an drei von acht Sitzungen durften Gäste teilnehmen. Neun Binningerinnen und Binninger haben davon Gebrauch gemacht. Viel zu wenig natürlich. Damit trotzdem unsere politischen Debatten mitverfolgt werden können, werden die Einwohnerratssitzungen seit dem 22. Juni 2020 auf Tonband aufgezeichnet und auf der Website aufgeschaltet. Seit November tagt der Einwohnerrat ausserdem mit Maskenpflicht. Das schützt. Doch die Debattierfreude leidet darunter. Wenig bestrittene Geschäfte erledigt der Rat seither in Rekordtempo. Und der Gemeinderat nutzt vermehrt die Möglichkeit, Anfragen und Interpellationen schriftlich zu beantworten, statt die Antworten laut vorzulesen. Corona führte somit eindeutig zu einer Effizienzsteigerung im Ratsbetrieb. Trotzdem wünsche ich mir Normalität und damit auch die eine oder andere Ineffizienz zurück.

Spürbar wurden die neuen Machtverhältnisse nach den Wahlen vom Frühjahr 2020. «Grüne» Vorlagen haben es dank Stimmenzuwachs der Grünen und einer recht grün ausgerichteten CVP/GLP-Fraktion seither deutlich leichter. Die Strassensanierung Neubadrain mit Veloweg und Flüsterbelag war so ein Geschäft, das in der alten Legislatur zurückgewiesen worden war und jetzt, unverändert, eine Mehrheit fand.

Sobald es aber um Geld und Investitionen geht, schlägt des Pendel der CVP leider nach rechts, und so gibt es umgekehrte Mehrheiten. Die «grossen Brocken» leiden darunter und kommen nicht weiter. Ich denke an den Schulcampus Dorf, die Erweiterung Schulhaus Meiriacker oder den neuen Werkhof. Sobald es um Geld geht, ziehen sich die Beratung in die Länge – und so konnte der Einwohnerrat zu diesen wichtigen Geschäften immer noch keine Baukredite genehmigen. Beim Meiriacker wird aktuell «erst» das Vorprojekt erarbeitet, der Schulcampus befindet sich in Kommissionsberatung und beim Werkhof will der Einwohnerrat zuerst wissen, ob nicht doch nochmals ein gemeinsamer Anlauf mit Bottmingen gestartet werden könnte. Der Investitionsstau in unserer Gemeinde wird dadurch allerdings nicht kleiner.

Sicher ist aber: Binningen braucht den zusätzlichen Schulraum und einen zeitgemässen Werkhof. Sicher ist auch, dass am Schluss über all diese Investitionen die Stimmberechtigten entscheiden müssen. Und sicher ist, dass weitere grosse Bauprojekte auf unsere Gemeinde zukommen werden.

Leider ist zu befürchten, dass die Mitte-Rechts-Blockadehaltung in Finanzfragen weitergeht. Diese Woche wurde sogar ein bescheidener, aber dringlicher Kredit für Schulraumprovisorien in eine Extrarunde einer Spezialkommission geschickt. Wahrscheinlich kosten die Sitzungsgelder dann mehr als das Einsparpotenzial. Bei der neuen Finanzordnung schliesslich droht ein jahreslanges Hickhack und eine bürgerlicher Blockadepolitik, die Binningen massiv schaden wird.

Umso mehr braucht es unsere links-grüne Kompetenz. Ich freue mich, dass ich mich nach einem Jahr des präsidialen Schweigens in diesen Themen wieder voll einbringen kann.

Stephan Appenzeller, Präsident Einwohnerrat 2020-2021

Beitrag teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
Animation laden...Animation laden...Animation laden...

Newsfeed