Aus dem Landrat

An der Sitzung vom 14. Mai 2020 im coronagerecht eingerichteten Saal San Francisco im Congress Center Basel konnten nur wenige Traktanden behandelt werden – der Landrat zeigt sich nach der aufgezwungenen Pause sehr debattierfreudig.

Erwartungsgemäss bestand riesiger Redebedarf im Kontext der Corona-Massnahmen. Im Ergebnis dürfen wir uns freuen: Die Notverordnungen über Massnahmen im Bereich der familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung im Rahmen der Bekämpfung des Coronavirus sowie über die Kompensationsleistungen der Gemeinden (Corona-Notverordnungen III a und III b) wurden in unserem Sinne entschieden. Das heisst, dass diese Strukturen in den Genuss von Entschädigungen des Kantons im Umfang von 80% der Ausfälle für nicht genutzte Betreuung kommen, dies ungeachtet ihres Standorts. Die bürgerliche Seite machte sich für die Positionen der Gemeinden stark. Manche von diesen sind unzufrieden, weil sie durch die regierungsrätliche Verordnung übersteuert und zur Leistung ihres Beitrags zur Abfederung der Ausfälle angehalten werden. Die Votanten von FDP und SVP forderten deshalb Mitsprache der Gemeinden von Anfang an bei der Überführung der Notverordnung in ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren und deren Mitsprache in Bezug auf die Höhe und die Modalitäten der Kompensationskosten. Unsere Seite sprach sich für den Einbezug, aber gegen die Mitsprache bei den Kosten aus und setzte sich durch.

Persönlich am meisten gefreut hat mich, dass das landwirtschaftliche Projekt der Regionalen Entwicklung (PRE) der Kantone BL und BS vom Landrat gutgeheissen wurde. Die Vorlage war in der Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission (VGK) sehr intensiv und kontrovers diskutiert worden. Seitens der SP war für dieses Geschäft ich zuständig. In der Kommission hatte ich mich zugunsten des Projekts eingesetzt. Die Gelegenheit, Fördergelder des Bundes für ein nachhaltiges Projekt zu erhalten, sollte auch unsere Region nicht versäumen. BL und BS legen gemeinsam ein ansprechendes Projekt vor, welches die Charakteristika, die landwirtschaftlichen Strukturen und Erzeugnisse der beiden Kantone präsentiert und mit der Marke «Genuss aus Stadt und Land» kennzeichnet. Mit einem geplanten regionalen Schlachthof lassen sich Viehtransporte verkürzen, was dem Tierwohl dient und nachhaltig denkende Konsumentinnen und Konsumenten anspricht. Investitionsprojekte für Brot, Milchverarbeitung, Obst und Gemüse sowie Logistik runden das PRE ab. Im Hintergrund waren diverse Gruppierungen aktiv, die der Meinung waren, sie seien nicht genügend auf die Ausschreibung des Projekts hingewiesen, zu wenig abgeholt und am Ende gar nicht berücksichtigt worden. Dieselben Regeln, die in der Privatwirtschaft nicht hoch genug gehalten werden können (Bewerbung auf eine Ausschreibung – unternehmerische Innovation und Kreativität –  Bereitschaft zur Investition – Einreichen von Projekten innert Frist – Auswahl und Durchführung), gelten offenbar plötzlich nicht mehr, wenn es um ein staatlich aufgezogenes Projekt geht. Auch auf diese Stimmen ging die Kommission ein. Eine Delegation traf sich zudem mit Exponenten des Metzgereiverbands, nahm Anliegen auf und verbesserte das Projekt. Zum Schluss sagte die VGK – wie zuvor schon ihre städtische Schwesterkommission – ja zum PRE. Wenige Tage vor dem Landratsentscheid trafen Briefe verschiedener Gruppierungen ein, welche den Landrat dazu aufriefen, das PRE zu versenken. Darunter erstaunlicherweise auch seitens eines Metzgermeisters, der an der Nachbesserungsrunde beteiligt gewesen war – es sich aber dann offensichtlich anders überlegt hatte. Im Anschluss wurde frenetisch telefoniert und gemailt, die Meinungen anderer Fraktionen sondiert, sorgfältig Stimmen gebündelt. Und tatsächlich, nach einer langen Debatte, in der jeder der Gegner einzeln das Wort ergriff und gegen die Vorlage wetterte, kam es zur Abstimmung: Ein Antrag auf Zurückweisung und nochmaliger Überarbeitung der Vorlage fand keine Mehrheit. Und in der Schlussabstimmung kam das PRE mit komfortablem Mehr durch. Ein gutes bikantonales Projekt – nach Überwindung von Missgunst, Futterneid und anderen Hürden glücklich zum Fliegen gebracht!

Simone Abt, Landrätin

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